Gesetzesentwurf tiny house
**ENTWURF EINES GESETZES ZUR SCHAFFUNG GENEHMIGUNGSFREIER WOHNFLÄCHEN DURCH TINY HOUSES (TinyHausG)**
*Wohnraumoffensive für Deutschland – bezahlbarer, nachhaltiger Wohnraum für alle*
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**Inhalt**
1. Präambel
2. Zielsetzung des Gesetzes
3. Gesetzestext "TinyHausG" mit Paragraphen
4. Änderung bestehender Gesetze (BauGB, LBO, etc.)
5. Begründung des Gesetzentwurfs
6. Juristische Analyse
7. Sozialpolitischer Kontext
8. Technische Anforderungen für Tiny Houses
9. Finanzierungs- und Fördermodelle
10. Grundstücksverfügbarkeit und Erschließung
11. Internationale Modelle im Vergleich
12. Umsetzung & Zeitplan
13. Schlussbemerkung
14. Anlagen (Grafiken, Muster-Bebauungsplan, Tabellen)
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### 1. PRÄAMBEL
Deutschland steht vor der Herausforderung eines tiefgreifenden Wandels in seiner Wohnraumpolitik. Steigende Grundstückspreise, zunehmender Wohnungsmangel in Ballungsgebieten, Wohnungslosigkeit sowie demografische und ökologische Herausforderungen erfordern neue Wege, um Wohnraum gerecht, bezahlbar und nachhaltig zu gestalten. Tiny Houses – kompakte, effiziente Wohnlösungen mit bis zu 100 m² Wohnfläche – bieten hierzu ein innovatives Modell.
Dieses Gesetz verfolgt das Ziel, genehmigungsfreie Tiny Houses zu ermöglichen und dadurch breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu Eigentum, Sicherheit und Wohnwürde zu ermöglichen – auch für Personen mit geringem Einkommen.
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### 2. ZIELSETZUNG DES GESETZES
- Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch rechtssichere Genehmigungsfreiheit für Tiny Houses
- Einführung eines Bundesrechts zur vereinfachten Baufreistellung
- Anpassung bestehender baurechtlicher Vorschriften auf Bundes- und Landesebene
- Auflage eines Förderprogramms für Haushalte mit geringem Einkommen (bis 18.000 € Anschaffungskosten)
- Förderung modularer, energieeffizienter Bauformen
- Entlastung der Bauaufsichtsbehörden durch klar geregelte Verfahren
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### 3. TINYHAUS-GESETZ (TinyHausG)
**§ 1 Geltungsbereich**
(1) Dieses Gesetz gilt für alle Wohnbauten mit einer Nutzfläche bis 100 Quadratmetern, die dauerhaft zum Zweck des Wohnens genutzt werden.
(2) Das Gesetz findet Anwendung im gesamten Bundesgebiet bei Vorliegen geeigneter Grundstücksvoraussetzungen.
**§ 2 Begriffsbestimmung**
(1) Ein Tiny House im Sinne dieses Gesetzes ist ein in sich abgeschlossenes, dauerhaft bewohnbares, baulich fest verbundenes Gebäude mit einer maximalen Wohn- und Nutzfläche von 100 m².
(2) Nicht erfasst sind mobile oder nur temporär nutzbare Wohnanhänger (Tiny Mobile Homes).
**§ 3 Genehmigungsfreistellung**
(1) Ein Tiny House gilt als genehmigungsfrei, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Es liegt ein qualifizierter Bebauungsplan vor oder das Grundstück befindet sich im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB);
b) Die Erschließung (Wasser, Abwasser, Strom) ist gesichert oder erfolgt autark;
c) Es liegen keine städtebaulichen oder sicherheitsrelevanten Gründe für eine Untersagung vor.
(2) Die zuständige Bauaufsichtsbehörde ist ausschließlich zur Prüfung auf Einhaltung der Mindestkriterien ermächtigt – ein Genehmigungsverfahren findet nicht statt.
**§ 4 Technische Anforderungen**
(1) Tiny Houses unterliegen vereinfachten bautechnischen Standards gemäß Anhang I dieser Verordnung.
(2) Eine Typengenehmigung pro Hausmodell ersetzt die Prüfung im Einzelfall.
**§ 5 Nutzung und Erstwohnsitz**
(1) Tiny Houses dürfen ohne Einschränkung als Erstwohnsitz, Nebenwohnsitz oder Mietobjekt genutzt werden.
(2) Die Anmeldung im Einwohnermeldeamt gilt als rechtlicher Nachweis des Wohnsitzstatus.
**§ 6 Fördermodell**
(1) Zur Umsetzung des Gesetzes wird ein Bundesfonds „TinyHaus-Förderung“ eingerichtet.
(2) Förderfähig sind natürliche Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2.200 €.
(3) Die maximale Förderung beträgt 18.000 € pro Objekt.
**§ 7 Evaluierung**
(1) Die Wirkung des Gesetzes wird spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten durch eine unabhängige wissenschaftliche Stelle überprüft.
(2) Die Bundesregierung legt dem Bundestag binnen sechs Monaten nach Abschluss der Evaluation einen Bericht mit Handlungsempfehlungen vor.
**§ 8 Inkrafttreten**
Dieses Gesetz tritt sechs Monate nach seiner Verkündung in Kraft.
4. ÄNDERUNG BESTEHENDER GESETZE
4.1 Änderung des Baugesetzbuchs (BauGB)
Einfügung eines neuen § 13c BauGB: Zulässigkeit genehmigungsfreier Tiny Houses
> § 13c BauGB – Zulässigkeit von Tiny Houses > (1) Abweichend von § 30 Abs. 1 gilt ein Tiny House gemäß TinyHausG als zulässig, wenn: > a) es sich auf einem Grundstück im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans befindet, > b) es die maximal zulässige Wohnfläche von 100 m² nicht überschreitet, > c) die Erschließung gesichert ist oder autark erfolgt, > d) es keine den Zielen der Raumordnung widersprechende Nutzung darstellt. > > (2) Eine Baugenehmigung ist in diesen Fällen nicht erforderlich. > > (3) Die Länder können weitergehende Bestimmungen durch Rechtsverordnungen treffen.
4.2 Anpassung der Landesbauordnungen (LBO)
Da Baurecht teilweise Landesrecht ist, wird den Ländern durch eine Öffnungsklausel im BauGB ermöglicht, vereinfachte Verfahren in ihren jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) zu verankern.
Empfohlene Ergänzung in den LBOs:
> Artikel 1 – Änderung der Landesbauordnung (Beispiel Baden-Württemberg) > § 50 Absatz 1 wird wie folgt ergänzt: > „g) freistehende Gebäude mit einer Wohnfläche von maximal 100 m², die den Vorgaben des Bundesgesetzes TinyHausG entsprechen, gelten als verfahrensfreie Bauvorhaben.“
5. BEGRÜNDUNG DES GESETZESENTWURFS
5.1 Wohnraumnot als gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Über 600.000 fehlende Wohnungen bundesweit laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
50 % aller Mieter:innen in Großstädten zahlen mehr als 30 % ihres Einkommens für Wohnen
Wohnraum für Geringverdienende, Auszubildende, Alleinerziehende und Senior:innen zunehmend unerschwinglich
Tiny Houses ermöglichen bezahlbaren, ökologischen und würdevollen Wohnraum
5.2 Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der Kommunen
Genehmigungsfreistellung entlastet Bauämter
Digitale Typengenehmigungen reduzieren Verfahren
Kommunen können gezielt Grundstücke ausweisen
5.3 Nachhaltige Siedlungsentwicklung
Tiny-House-Siedlungen eignen sich für Konversionsflächen, Brachen, Ortsränder
geringer Flächenverbrauch pro Wohneinheit
Förderung ressourcenschonender, modularer Bauweisen
6. JURISTISCHE ANALYSE
6.1 Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz
Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) – Das Recht auf genehmigungsfreies Wohnen in einem Tiny House auf eigenem Grundstück stärkt das Eigentumsrecht.
Art. 20 GG (Sozialstaatsprinzip) – Der Staat hat die Verpflichtung, bezahlbaren Wohnraum als Teil der Daseinsvorsorge sicherzustellen.
Art. 28 GG (Kommunale Selbstverwaltung) – Kommunen behalten über Bebauungspläne Steuerungsmöglichkeiten.
6.2 Europarechtliche Implikationen
Keine Konflikte mit EU-Recht, da es sich nicht um produktrechtliche Vorgaben (z. B. Bauprodukteverordnung) handelt, sondern um nationale Zulassungsverfahren.
### 7. SOZIALPOLITISCHER KONTEXT
7.1 Wohnen als Grundbedürfnis und Menschenrecht
Wohnen zählt zu den elementaren Grundbedürfnissen jedes Menschen. Laut Art. 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat jeder Anspruch auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung und ärztliche Versorgung.
7.2 Wohnraumverknappung in Städten und ländlichen Regionen
Sowohl in urbanen Zentren als auch in strukturschwachen Regionen nimmt der Bedarf an kleinem, bezahlbarem Wohnraum zu. Viele kleinere Haushalte, darunter Singles, ältere Menschen oder Alleinerziehende, benötigen keinen Wohnraum über 100 m², sehen sich aber dennoch gezwungen, teurere oder unangemessene Wohnlösungen zu wählen.
7.3 Zugang zum Eigentum
Tiny Houses bieten Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen die Möglichkeit, Eigentum aufzubauen – zu einem Bruchteil der Kosten traditioneller Einfamilienhäuser. Die Förderung durch das TinyHausG erhöht die Eigentumsquote in der Bevölkerung und stärkt die wirtschaftliche Unabhängigkeit weiter Bevölkerungsschichten.
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8. TECHNISCHE VORGABEN UND TYPENGENEHMIGUNG
8.1 Vereinfachte technische Anforderungen
Tiny Houses unterliegen gemäß § 4 TinyHausG vereinfachten Bau- und Energiestandards, die dennoch ein sicheres und nachhaltiges Wohnen gewährleisten. Die technische Mindestanforderung basiert auf:
- Statiknachweis gemäß DIN EN 1990–1999
- Wärmeschutz nach Gebäudeenergiegesetz (GEG), Anhang 1
- Schallschutz gemäß DIN 4109
- Einsatz umweltfreundlicher Materialien (z. B. Holzrahmenbauweise)
8.2 Typengenehmigungen statt Einzelfallprüfung
Hersteller können Tiny-House-Typen zentral beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) einreichen und genehmigen lassen. Diese einmalige Prüfung ersetzt Einzelprüfungen bei jeder Errichtung desselben Typs. Dadurch ergeben sich:
- geringere Kosten für Bauherren
- Entlastung der Prüfbehörden
- schnellere Projektumsetzung
8.3 Nachhaltigkeitszertifikat
Tiny Houses, die mit einem Flächenverbrauch von weniger als 15 m²/Person, regenerativer Energiequelle und Recyclingmaterialien errichtet werden, können ein freiwilliges Nachhaltigkeitssiegel des Bundes erhalten. Dieses kann als Vergabekriterium bei kommunaler Grundstücksvergabe dienen.
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### 9. FÖRDERFONDS UND FINANZIERUNG
9.1 Einrichtung des Bundesfonds „TinyHaus-Förderung“
Zur finanziellen Unterstützung einkommensschwacher Haushalte wird beim Bundesamt für Bauwesen ein Fördertopf eingerichtet. Ausstattung:
- Startvolumen: 500 Mio. Euro jährlich
- Haushaltsansatz im Bundeshaushalt
- Verwaltung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
9.2 Förderkriterien
Ein Antrag auf Förderung ist möglich, wenn:
- das Haushaltsnettoeinkommen unter 2.200 €/Monat liegt
- keine weitere selbstgenutzte Immobilie besteht
- das geförderte Tiny House für mindestens 5 Jahre als Erstwohnsitz genutzt wird
9.3 Umfang der Förderung
- Zuschuss von bis zu 18.000 € (nicht rückzahlungspflichtig)
- Sonderkreditprogramm der KfW mit 0,5 % Zinsen für darüberhinausgehende Kosten
- Übernahme der Anschlusskosten für Strom/Wasser bei Sozialhilfeempfängern
### 10. GRUNDSTÜCKSVERFÜGBARKEIT UND ERSCHLIESSUNG
10.1 Kommunale Ausweisung geeigneter Flächen
Gemeinden erhalten durch das TinyHausG die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Bauleitplanung gezielt Flächen für Tiny-House-Siedlungen auszuweisen. Dies kann erfolgen durch:
- ergänzende Festsetzungen in Bebauungsplänen
- Nutzung von Konversionsflächen oder innerörtlichen Brachflächen
- Schaffung von Sondergebieten gemäß § 11 BauNVO
10.2 Erschließung und Anschluss
Für genehmigungsfreie Tiny Houses gelten Erschließungsanforderungen gemäß § 4 TinyHausG. Diese können erfüllt werden durch:
- Anschluss an bestehende Netzinfrastruktur
- Kombination regenerativer Energie- und Wassersysteme (Photovoltaik, Brunnen, Komposttoiletten, etc.)
- dezentrale Kläranlagen im Rahmen ökologischer Siedlungskonzepte
10.3 Privatrechtliche Nutzung
Grundstückseigentümer:innen dürfen auf eigenen erschlossenen Flächen ein Tiny House errichten, sofern die baurechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Dies erleichtert Selbstnutzung und Familiengemeinschaften.
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### 11. INTERNATIONALE VERGLEICHSMODELLE
11.1 Niederlande
In den Niederlanden existieren seit 2016 kommunale Pilotprojekte mit genehmigungsfreien Tiny-House-Quartieren. Die Gemeinde Almere hat 2022 einen rechtsverbindlichen Bebauungsplan für 100 Tiny Houses beschlossen.
11.2 USA
In den Bundesstaaten Oregon, Kalifornien und Texas bestehen weitreichende Regelungen zur Anerkennung von Tiny Houses als vollwertige Wohnform. Besonders hervorzuheben ist die Kombination mit gemeindeeigenen Förderungen zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit.
11.3 Frankreich
Frankreich ermöglicht seit 2021 sogenannten „habitat léger“ unter vereinfachten Bedingungen. Diese Bauform wird auch von Sozialträgern und Genossenschaften zunehmend genutzt.
11.4 Übertragbarkeit auf Deutschland
Die internationalen Erfahrungen zeigen, dass Genehmigungsfreiheit, Typengenehmigung und gezielte Förderung entscheidend zur breiten Umsetzung beigetragen haben. Sie untermauern die in diesem Entwurf vorgeschlagenen Regelungen.
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### 12. UMSETZUNG UND ZEITPLAN
12.1 Stufenplan zur Einführung
- Jahr 1: Gesetzesverabschiedung, Errichtung des Förderfonds, Schulungen der Bauaufsichtsbehörden
- Jahr 2: Pilotkommunen implementieren Tiny-House-Sondergebiete
- Jahr 3–4: Evaluierung der Förderung, bundesweite Ausweitung
- Jahr 5: Bundesbericht mit Handlungsoptionen für Verstetigung
12.2 Begleitmaßnahmen
- Einrichtung einer Beratungsplattform durch das Bundesministerium für Wohnen
- Förderung von Tiny-House-Ausbildungsprogrammen im Bauhandwerk
- Öffentlichkeitskampagnen zur Akzeptanzförderung („Wohnen neu denken“)
- Austauschprogramm mit Kommunen in NL, FR und USA
12.3 Evaluation
Durchführung durch ein Konsortium aus Bau-, Sozial- und Umweltforschungseinrichtungen, Berichterstattung an Bundestag und Bundesrat.
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13. SCHLUSSBEMERKUNG
Dieses Gesetz ist ein Baustein für ein gerechtes, nachhaltiges und inklusives Wohnraummodell in Deutschland. Es schafft neuen Handlungsspielraum für Bürger:innen, Kommunen und das Baugewerbe – ohne neue bürokratische Hürden. Tiny Houses sind kein Ersatz für sozialen Wohnungsbau, aber eine effektive Ergänzung, die individuell, dezentral und schnell wirksam sein kann.
Mit dem TinyHausG wird ein Weg eröffnet, wie Selbstbestimmung, Nachhaltigkeit und soziale Teilhabe im Wohnbereich konkret gelebt werden können.
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14. ANLAGEN
**Anlage A** – Muster-Typengenehmigung
**Anlage B** – Beispiel eines kommunalen Bebauungsplans für Tiny-House-Gebiete
**Anlage C** – Vergleichstabelle internationaler Regelungen
**Anlage D** – Kostenübersicht Tiny House, Erschließung, Förderung
**Anlage E** – Textvorschläge für Änderungen in LBO (alle 16 Bundesländer)
**Anlage F** – Ansprechpartner und Stellungnahmen aus Pilotkommunen
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