Gesetzentwurf THG – Tiny-House-Gleichstellungsgesetz
Gesetz zur Gleichstellung modularer Wohnformen
(Tiny-House-Gleichstellungsgesetz – THG)
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## Abschnitt 1 – Allgemeine Bestimmungen
**§ 1 Ziel des Gesetzes**
(1) Dieses Gesetz dient der rechtlichen Gleichstellung modularer Wohnformen mit konventionellen Wohngebäuden.
(2) Es regelt die bau- und planungsrechtlichen Voraussetzungen für Errichtung, Nutzung und Genehmigung von Tiny Houses, Modulhäusern und Steckhäusern.
(3) Zweck ist die Verfahrensvereinfachung und Förderung nachhaltiger, flexibler Wohnformen.
**§ 2 Geltungsbereich**
Dieses Gesetz gilt bundesweit für alle modularen Wohnformen, die dauerhaft bewohnbar sind und an öffentliche Wasser-, Abwasser- und Energieversorgungsnetze angeschlossen werden.
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## Abschnitt 2 – Begriffsbestimmungen
**§ 3 Tiny House**
Transportables, industriell vorgefertigtes Wohnmodul mit maximal 50 m² Grundfläche, dauerhaft bewohnbar, mit festen Anschlüssen an Wasser, Abwasser und Strom.
**§ 4 Modulhaus**
Aus einem oder mehreren industriell gefertigten Modulen bestehendes Wohngebäude, dauerhaft auf einem Grundstück aufgestellt.
**§ 5 Steckhaus**
Vorgefertigtes Bausatzhaus aus industriell hergestellten Elementen, vor Ort montiert ohne klassische Massivbauweise.
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## Abschnitt 3 – Änderungen im Baugesetzbuch (BauGB)
**§ 6 Änderung des § 29 BauGB**
In Absatz 1 wird folgender Satz ergänzt:
„Bauliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes umfassen auch modulare Wohnformen (Tiny Houses, Modulhäuser, Steckhäuser), sofern sie dauerhaft aufgestellt und an die öffentliche Ver- und Entsorgungsinfrastruktur angeschlossen sind.“
**§ 7 Änderung des § 34 BauGB**
In Absatz 1 wird folgender Satz ergänzt:
„Modulare Wohnformen gelten als ortsüblich, wenn sie in Größe, Nutzung und Erschließung mit der Umgebung vergleichbar sind.“
**§ 8 Änderung des § 35 BauGB**
In Absatz 2 wird folgender Unterpunkt ergänzt:
„Modulare Wohnformen sind im Außenbereich zulässig, wenn
1. sie auf erschlossenen Grundstücken errichtet werden,
2. keine erheblichen öffentlichen Belange beeinträchtigt werden,
3. sie rückbaubar sind,
4. sie die Anforderungen an Wasser-, Abwasser- und Energieversorgung erfüllen.“
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## Abschnitt 4 – Änderungen in der Musterbauordnung (MBO)
**§ 9 Ergänzung zu § 2 MBO**
In Absatz 1 wird Punkt 13 eingefügt:
„Kleinstwohngebäude (Tiny Houses): Industriell vorgefertigte Gebäude bis 50 m² Grundfläche, dauerhaft bewohnbar, mit festen Anschlüssen an Wasser, Abwasser und Strom.“
**§ 10 Ergänzung zu § 63 MBO**
In Absatz 1 wird Punkt g ergänzt:
„g) Aufstellung von Kleinstwohngebäuden auf erschlossenen Grundstücken, sofern Standsicherheit, Brandschutz und Wärmeschutz sowie Infrastrukturanschlüsse gewährleistet sind und keine sonstigen örtlichen Vorschriften verletzt werden.“
**§ 11 Ergänzung zu § 66 MBO**
In Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„Für modulare Wohnformen ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren anzuwenden, wenn die in § 2 (1) 13 genannten baulichen Anforderungen erfüllt sind.“
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## Abschnitt 5 – Technische Anforderungen
**§ 12 Bauliche Anforderungen**
(1) Kleinstwohngebäude müssen den Anforderungen an Standsicherheit, Brandschutz, Schallschutz und Wärmeschutz entsprechen.
(2) Erfüllung durch
1. Fertigung nach einschlägigen DIN/EN-Normen,
2. CE-Kennzeichnung oder gleichwertige Zertifizierung,
3. Abnahme durch anerkannte Prüfstelle.
**§ 13 Infrastrukturanschlüsse**
(1) Anschlüsse an
1. Wasser,
2. Abwasser oder genehmigte dezentrale Lösung,
3. Strom.
(2) Fachfirma dokumentiert Anschlüsse; Nachweis an Bauaufsichtsbehörde.
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## Abschnitt 6 – Verwaltungsvereinfachung
**§ 14 Anzeigeverfahren**
(1) Aufstellung eines Kleinstwohngebäudes auf einem erschlossenen Grundstück ist der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen.
(2) Anzeigeunterlagen:
1. Lageplan,
2. technische Beschreibung,
3. Nachweise der Infrastrukturanschlüsse.
(3) Behörde kann binnen 14 Tagen Einwendungen erheben; bei Fristablauf gilt das Vorhaben als genehmigt.
**§ 15 Digitale Plattform**
(1) Der Bund errichtet eine zentrale digitale Plattform zur Anzeige, Registrierung und Dokumentation modularer Wohnformen.
(2) Plattformfunktionen:
1. Digitale Einreichung,
2. Automatisierte Vollständigkeitsprüfung,
3. Behördenkommunikation.
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## Abschnitt 7 – Raumordnung und Förderung
**§ 16 Flächennutzungsplanung**
Kommunen können in Flächennutzungsplänen Sondergebiete für modulare Wohnformen ausweisen, insbesondere auf Konversions-, Brach- oder Randflächen.
**§ 17 Förderung**
(1) Länder und Kommunen können Förderprogramme für Flächenbereitstellung und Infrastruktur anbieten.
(2) Förderfähig:
1. Erschließungskosten,
2. Infrastrukturanschlüsse,
3. Ökologische Ausgleichsmaßnahmen.
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## Abschnitt 8 – Übergangs- und Schlussbestimmungen
**§ 18 Übergangsregelung**
(1) Bereits geplante oder errichtete modulare Wohnformen können auf Antrag nach diesem Gesetz behandelt werden.
(2) Laufende Verfahren sind entsprechend umzusetzen.
**§ 19 Inkrafttreten**
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
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Der Deutsche Bundestag hat das vorstehende Gesetz beschlossen.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den ___ . ___ 2025
Der Bundeskanzler Der Bundespräsident
# Entwurf – Begründung zum Tiny-House-Gleichstellungsgesetz (THG)
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## A. Problem und Zielsetzung
Modulare Wohnformen wie Tiny Houses, Modul- und Steckhäuser bieten eine ressourcenschonende, flexible Alternative zu klassischem Wohnungsbau. Bisher fehlt ihnen jedoch bundesweit eine einheitliche bau- und planungsrechtliche Gleichstellung. Dies führt zu uneinheitlichen Genehmigungsverfahren, langwierigen Abstimmungen und Hemmnissen bei der Flächennutzung. Mit dem THG sollen diese Barrieren abgebaut, Verfahren vereinfacht und nachhaltige, flexibel nutzbare Wohnformen gefördert werden.
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## B. Lösungskonzept
1. Klarstellung im Baugesetzbuch und in der Musterbauordnung
- Modulare Wohnformen werden als eigenständige bauliche Anlagen definiert.
- Ortsübliche und im Außenbereich zulässige Nutzung wird einheitlich geregelt.
2. Technische Mindestanforderungen
- Standsicherheit, Brandschutz, Wärmeschutz und Schallschutz nach DIN- und GEG-Normen.
- Sicherstellung der Anschlussfähigkeit an Wasser, Abwasser und Strom.
3. Verwaltungsvereinfachung
- Einführung eines Anzeigeverfahrens mit 14-Tage-Frist.
- Aufbau einer digitalen Plattform für Einreichung und Kommunikation.
4. Raumordnung und Förderung
- Ausweisung kommunaler Sondergebiete.
- Förderprogramme für Erschließung, Infrastruktur und ökologische Ausgleichsmaßnahmen.
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## C. Finanzielle Auswirkungen und Kostenabschätzung
### I. Ausgaben des Bundes
- Aufbau digitale Plattform: einmalig ca. 5 Mio. €
- Betrieb und Wartung (Personal, Hosting): jährlich ca. 1 Mio. €
- Evaluierung und Berichterstattung: 0,3 Mio. € in 3. Jahr
### II. Auswirkungen auf Länder und Kommunen
- Anpassung von Landesbauordnungen: moderate Redaktionsaufwendungen
- Einrichtung Anzeigeverfahren: Real- und Personalkosten, geschätzt 0,5 Mio. € je größeres Bundesland
- Fördermittelprogramme: eigenständige Landes-/Kommunaletats
### III. Einnahmen und Effekte
- Keine Mehreinnahmen beim Bund
- Erschließungs- und Grunderwerbsteuer fallen bei Grundstücksübertragungen wie bisher an
- Langfristige Einsparungen durch schnellere Verfahrensabwicklung und zusätzliche Investitionen in modulare Projekte
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## D. Weitere Rechts- und Verwaltungsfolgen
- Zustimmung des Bundesrates erforderlich (Änderung BauGB)
- Länder setzen das Gesetz durch Anpassung ihrer Landesbauordnungen um
- Keine Änderungen bei Umwelt-, Natur- oder Denkmalschutz verdrängt
- Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen trägt federführende Koordinierung, Zusammenarbeit mit BMI
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Berlin, den ___. ___. 2025
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Bundesministerium des Innern und für Heimat.
## E. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht
1. Verfassungsrechtliche Prüfung
a) Gesetzgebungskompetenz
– Bund kompetent nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Bau- und Wohnungswesen).
– Ergänzende Rahmenregelung; Länder für Details (Landesbauordnungen) zuständig.
b) Grundrechte
– Keine unverhältnismäßige Beschränkung von Eigentum (Art. 14 GG) oder Baufreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
– Erleichterung flexibler Wohnformen stärkt Wohnungszugang.
2. Vereinbarkeit mit EU-Recht
– Baunormen und Zertifizierungen entsprechen EU-Bauproduktenverordnung (CE-Kennzeichnung).
– Keine Beihilfeprobleme, da Förderung auf infrastrukturelle und gemeinwohlorientierte Maßnahmen beschränkt ist.
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## F. Beteiligung und Anhörung
1. Ressortabstimmung
– Federführung: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).
– Mitwirkung: Bundesministerium des Innern (BMI), Bundesministerium der Finanzen (BMF), Bundesumweltministerium (BMUV), ggf. Verkehrsministerium (BMVI).
2. Länder- und Verbändeanhörung
– Länderarbeitskreis Baurecht: Zustimmung zur Rahmenregelung und Formulierung von Vollzugserleichterungen.
– Kommunale Spitzenverbände (Städte- und Gemeindebund): fachliche Hinweise zu Anzeigeverfahren und IT-Plattform.
– Wohnungswirtschafts- und Bauverbände: Input zu technischen Anforderungen und Marktreife von Typgenehmigungen.
3. Öffentlichkeitsbeteiligung
– Stellungnahmen zum Entwurf im Internet-Portal des BMWSB für vier Wochen.
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## G. Zeit- und Umsetzungsplan
| Meilenstein | Zeitraum |
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| Gesetzeseinbringung im Bundestag | Monat 0 |
| Erste Lesung und Ausschussberatung | Monat 1–2 |
| Zweite und dritte Lesung, Bundesrat | Monat 3–4 |
| Ausfertigung und Verkündung | Monat 5 |
| Inkrafttreten und Veröffentlichung | Monat 6 |
| Länderumsetzung durch Anpassung LBOs | Monat 6–12 |
| Aufbau und Inbetriebnahme digitale Plattform | Monat 6–12 |
| Evaluierung (Bericht an Bundestag) | Monat 36 |
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## H. Schlussbemerkung
Mit diesem Entwurf schafft der Bund einen einheitlichen Rechtsrahmen für modulare Wohnformen, entlastet Kommunen durch vereinfachte Verfahren und fördert nachhaltigen Wohnungsbau. Die Länder werden in die konkrete Umsetzung eingebunden, während Bund, Länder und Kommunen gemeinsam die digitale Infrastruktur und Förderprogramme entwickeln.
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